{Interview} – 5 Fragen an Tino Kales,
alleinerziehender Vater & Blogger
Lieber Tino,
auf deinem Blog www.herrmama.de schreibst du über deinen Alltag als alleinerziehender Vater. Bei Instagram hast du über 12. Tsd. Follower.
Welche Herausforderungen gibt es im Alltag und wie löst du diese?
Alleinerziehend ist für mich ein sehr abwertender Begriff gegenüber meiner Ex-Frau.
Ich sehe mich, als getrennt erziehender Vater, denn alleinerziehend wäre aus meiner Sicht jemand der ohne fremde Hilfe alleine den gemeinsamen Alltag mit Kind bewältigt. Unsere aktuellen Herausforderungen sind außer der aktuellen Trennung meiner Partnerin die Gedanken, wie geht es beruflich weiter oder was passiert, falls Sohnemann wieder krank wird damit seine Betreuung in dieser Zeit sichergestellt wird.
Im Oktober 2018 hat sich meine bessere Hälfte von uns verabschiedet, der kleine vermisst sie unheimlich, doch wie erklärt man es einem 4-jährigen Kind auf eine angebrachte Weise damit dieser in einer Art und Weise verstehen kann. Da sie seit seinem neunten Lebensmonat allgegenwärtig war, somit auch eine wichtige Bezugsperson in seinem Leben darstellte und dies spüre ich mit jedem Tag, an dem sie sich für ihr neues Leben entschieden hat.
Dieses Problem kann jeder für sich aus der Welt schaffen bedarf es dabei auch viel eigene Motivation, um nicht ständig an seinen Ex-Partner zu denken. Ich habe es aufgegeben mich mit ihr auseinander zu setzen und konzentriere mich vollstens auf uns, denn das was war, wird niemals mehr sein. Es heißt Stärke zeigen auch, weil mir die Einsamkeit anfänglich wirklich ungewohnt vorkam, warf es mich oftmals aus der Umlaufbahn, dieser innere Schmerz vergeht jedoch irgendwann, solange du dagegen ankämpfst!
Mir persönlich halfen viele Gespräche mit Freunden, Familie, darunter auch Gespräche auf meiner Arbeit mit den BewohnerInnen.
Insgesamt stellt sich für mich immer wieder heraus auf einen Helferkreis sollte niemand verzichten da er dich ständig auffängt, sobald du wieder am Boden der Tatsachen kriechst.
Jeder Abend ist ein Drahtseilakt.
Dadurch das Leon seine „Rina“ vermisst schläft er seit 2 Wochen bei mir mit im Bett und sucht meine Nähe, alleine in seinem Bett schlafen lösen Ängste aus.
Es werden seine Verlustängste gegenüber ihr sein, daher ist es natürlich auch für mich kein Problem das wir nun zusammen gemeinsam mein Schlafzimmer beziehen.
Seitdem kehrt, so langsam bei uns beiden Ruhe ein, hierbei wird es sich auch nicht um ein Patentrezept handeln, doch für uns ist diese Lösung mit einem sehr angenehmen Nebeneffekt verbunden, wir stehen morgens gemeinsam auf und werfen uns ein Lächeln zu damit jeder von uns beiden weiß es geht dem anderen gut.
Ich kann dir versichern der Alltag bei uns ist zwar vollgepackt doch Termine & alles andere lösen sich immer von selbst, da der Terminplaner, welcher für mich persönlich nie eine Rolle spielte, nun mein persönlicher Begleiter geworden ist damit auch ja nichts vergessen wird. Der Alltag ist sonst für mich keine Herausforderung, morgens pünktlich um 6 Uhr starten wir zusammen in den Tag und ich schaue, was gerade noch so anfällt, bevor wir um kurz vor 7 Uhr losmüssen damit Leon pünktlich im Kindergarten ankommt, ganz ohne Stress!
Unser Kindergarten ist nur 10 Minuten von uns entfernt, doch wir beide machen daraus immer einen gemütlichen Spaziergang, damit auch der Papa nicht abgehetzt bei der Arbeit um halb 8 ankommt, bis um 13 Uhr heißt es dann meinen SeniorInnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern.
Danach schnell nach Hause alles im Eiltempo haushalten, damit ich den Kleinen danach schnell abholen kann und wir rausgehen.
Um 17.30 Uhr finden wir uns dann wieder in den vier Wänden ein damit unser Tisch gedeckt wird zum Abendbrot, mir ist dieses Ritual sehr wichtig, am Wochenende wird das dann genauso mit dem Mittagessen um 12 Uhr verbunden, falls ich nicht gerade Dienst habe und der Kleine sein Mamawochenende hat.
Nach dem Abendbrot wird noch eine Runde getobt oder besser gesagt gespielt! 😉
Um 19 Uhr geht es, dann in die Falle bis er dann einschläft, vergeht derzeit eine Stunde.
Viel Platz ist dann in unserem riesigen Bett für mich nicht mehr, warum auch immer!
Gibt es typische Elternkrisenklassiker, wenn man getrennt leben ist und Kinder hat? Wenn ja, welche wären das? Was könnte aus deiner Sicht dabei helfen sie zu lösen? Was meinst du, wie würde deine Ex-Frau diese Fragen beantworten?
So typische Elternkrisenklassiker sind aus meiner Sicht:
Leon möchte seine Grenzen austesten und möchte sie überschreiten wie z.B. Fernsehen schauen und wenn mit „zur Mama möchte“ oder mit „Mama bleiben“ von seiner Seite reagiert wird, falls er diesen Willen nicht erfüllt bekommt, sobald es bei ihr dann genauso andersherum ist.
Wie lösen wir dieses Problem?
Meine Ex-Frau und ich reden darüber und schauen wie wir es gemeinsam angehen können, damit er lernt, dass er zwar Fernsehen darf aber das mit gewissen Spielregeln verbunden ist. Mir Beispielweise kurz hilft seinen Bombeneinschlag im Kinderzimmer aufzuräumen oder falls wir gerade am Essen sind, nicht nebenbei die Glotze läuft.
Schicht im Schacht heißt bei mir, dass auch am Abend sich der Kurze nicht aus seiner Affäre zieht und anpackt, damit er lernt, das im Leben niemand für ihn aufräumt.
Es gibt, da auch eine Situation, die ich von meiner Mama her kannte, dieses tolle Thema mit Kindern einkaufen.
Wie gerne möchte Leon jedes Mal seinen Einkaufswagen schieben und sich gleich ein Überraschungsei einpacken was Söhnchen natürlich darf doch nur unter meiner Regel, er bleibt an meiner Seite und macht keinen Stress, dann darf sein geliebtes Schokoei den Weg ins Körbchen finden.
Da er dies schon einige Monate verinnerlicht hat, wurde der Einkauf nicht zur unerträglichen Veranstaltung für Alt und Jung, sondern ein positives Einkaufserlebnis. 😉
Seine Böcke oder besser gesagt Trotzphasen lassen sich ganz leicht enttarnen irgendwo erkennen wir Eltern das wirklich schnell, sobald wieder ein riesen Drama aus kleinen Dingen gemacht wird.
Ich habe Verständnis, wenn mal wieder sein Kipplader nicht, in die viel zu enge Einkaufstasche passt dann machen wir es gemeinsam aber er probiert es natürlich immer wieder, dass er das von ganz alleine schafft.
Das fordert er mittlerweile auch ein und schickt mich weg.
Oder poltert in sein Zimmer, kotzt sich aus und kommt danach wieder zu mir und sagt, es wäre alles gut.
(Das ist sehr amüsant!)
Das alles ändert nichts an der Tatsache, das jeder von uns beiden seinen eigenen Erziehungsstil hat, daher sind gemeinsame Kompromisse vonnöten, damit Leon merkt, er kann sich nicht bei dem anderen seine Lorbeeren aussuchen.
Eine Familie bleibt eine Familie auch wenn die Eltern nicht mehr als Paar zusammen leben. Die Paarebene fällt zwar weg, die Elternebene bleibt jedoch bestehen. Was ist aus deiner Sicht wichtig damit die Zusammenarbeit auf der Elternebene weiterhin gut funktionieren kann? Würde deine Ex-Frau deine Antworten unterschreiben?
Reden, reden, reden und nochmals reden!
Es darf keinen Groll zwischen uns beiden herrschen, wir sind zwar getrennt, da mag es auch immer wieder mal Problemchen geben, die wir beide gegeneinander hegen doch dann darf niemand von uns beiden sich aus der Ruhe bringen lassen, sondern hakt nach, wie wir dieses Problem aus der Welt schaffen zur Liebe des Kindes müssen wir Dinge die unser Kind betreffen absprechen. Damit jeder von uns beiden immer auf den aktuellen Stand ist, das bezieht sich auch gerade auf die Mamawochenenden.
Wobei ich dieser Typ bin, der seine Ex-Frau nicht bei jedem Umgang bombardiert ziehe mich dann etwas zurück und falls was ist, darf sie mich jederzeit anrufen oder mir schreiben. Freue mich stets darüber!
Denn Mama Zeit ist genauso Qualitätszeit, die ich niemals untergraben werde.
Aus diesem Gesichtspunkt gebe ich meinem Ex-Partner das Signal, ich vertraue ihr in ihrem eigenen tun.
Wer könnte am meisten von einer gut funktionierenden Elternebene profitieren?
Leon und natürlich wir!
Alle beteiligten sind wichtig, denn geht es Mama oder Papa nicht gut kann es dem Kind genauso wenig gut gehen.
Ich sage dies explizit, da im Kindeswohl immer nur davon geredet wird, wie wichtig es, für die kleinsten sei, dass es ihnen gut ginge, doch da stellen sich bei mir sämtliche Nackenhaare auf!
Ich erlebte durch meine aktuelle Trennung, wie schwer dies für meine Ex-Partnerin und ihren Sohn war. Der Sohn litt richtig unter Bindungsstörungen. Er lebte bei seinem Vater und wir versuchten einiges um ihn zu uns zu holen. Hier sollten neue Ansätze gefunden werden, da es niemanden etwas bringt, sobald beide Elternteile total labil sind und daran zerbrechen. Am Ende wird dem Kind, damit nur vermittelt es wäre besser das genau „diese Eltern“ sich lieber fern von dem Kind halten müssen wobei die Hintergründe nicht beachtet werden oder gar keine Wertung erfahren.
Eine Kinderseele bleibt solange unbeschadet bis einschneidende Dinge in dieses kleine Herz treten, hierbei muss natürlich unterschieden werden, ob dies bewusst von beiden Elternteilen geschieht oder äußere Einflüsse dafür sorgen.
Ich muss sagen durch dieses Denken hat sich vieles im Leben meiner Ex-Frau geändert, ihr wurde bewusst, wie wichtig mir der Umgang mit beiden war und immer bleiben wird! Eine wirkliche Anleitung vom Jugendamt wird niemand bekommen, als die warmen Worte wie wichtig es sei den Umgang zu fördern und seinen Ex-Partner auf Augenhöhe zu begegnen.
Doch hast du den Mut den Kontakt zu halten oder loszulassen wenn aktuell kein Interesse besteht?
Ich von meiner Seite kann dir sagen es kostete mich auch Mut, doch für unseren Kleinen war es meine persönliche Herzensangelegenheit damit beide sich nicht aus den Augen verlieren! Schließlich ist die Mama eine der mit wichtigsten Personen in seinem Leben und dieses innere Band zwischen den beiden darf niemals zerstört werden.
Was möchtest du den Lesern noch unbedingt mit auf den Weg geben?
Du bist niemals alleine auf deinem Weg in deine persönliche glückliche Zukunft mit Kind.
Lasse den Zauber dieser wundervollen Kindheit unter keinen Umständen verblassen.
Es braucht viel eigenen Antrieb doch betrachte jedes Chaos im Alltag als wertvolles Geschenk und Erfahrung, an der du arbeiten kannst mit viel Geduld, wie auch Mut wirst du alles schaffen.
Sätze wie: „Du hast dir Alleinerziehend sein doch ausgesucht“ ignorierst du am besten gleich.
Du bist der beste Begleiter, den dein Kind haben kann und versuche eine Lösung mit deinem Partner zu finden egal wie schwer es dir fällt.
Bei uns war es auch kein Zuckerschlecken, doch seine Mama hat sich toll entwickelt, sie sah ihre Fehler aus vergangenen Tagen ein und ist mir dafür dankbar, obwohl es für mich normal war das beide sich niemals verlieren.
Kämpfe deinen alltäglichen Kampf nicht alleine, wenn du am Ende deiner Kräfte bist lasse dir helfen und schäme dich dafür nicht!